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Setzen sich für Careleaver in Bochum ein (v.l.): Alireza Sarwari (Careleaver, Beratung für Geflüchtete), Patricia Lorenz (Abteilungsleitung Soziale Dienste im Jugendamt Bochum), Stefan Wutzke (Geschäftsführer Overdyck), Sabrina Fenger (Careleaver, Mitinitiatorin Vereinsgründung) und Miriam Schmidt (Projektleitung Careleaver 2.0)

Für einen guten Start nach der Jugendhilfe

Overdyck fördert Vernetzung sogenannter Careleaver in Bochum und möchte ihnen den Weg in ein selbständiges Leben erleichtern

Junge Menschen, die in Wohngruppen oder Pflegefamilien aufwachsen, verlassen das System der Jugendhilfe meist im Alter von 18 oder 19 Jahren. In der weiterführenden Betreuung steht oft nur der Übergang in eine eigene Wohnung oder die Vermittlung von Ausbildungsmöglichkeiten im Vordergrund. In vielen lebenspraktischen Dingen, zum Beispiel Miete und Finanzen, sind die sogenannten Careleaver häufig auf sich allein gestellt. Anders als viele Gleichaltrige können sie nicht auf Eltern und Familie zurückgreifen, die ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Zudem ist ihre materielle, soziale und emotionale Ausgangssituation oft deutlich schlechter.

Die Ev. Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Overdyck möchte Careleavern in Bochum den Weg in ein selbständiges Leben nach der Jugendhilfe erleichtern und entwickelt dazu mit Partnerinnen und Partnern entsprechende Konzepte. Alle geplanten und bereits bestehenden Angebote richten sich ausdrücklich an Careleaver aller Bochumer Jugendhilfeeinrichtungen. „In Bochum verlassen jedes Jahr 400 Menschen die Jugendhilfe“, erklärt Franziska Weiße, Abteilungsleitung Personal- und Finanzmanagement beim Jugendamt Bochum. „Sie alle haben Ansprüche und benötigen unterschiedliche Hilfen. Für das Jugendamt ist eine gute Betreuung wünschenswert.“

Bei einem geselligen Beisammensein, an dem neben einigen Careleavern auch Vertreterinnen und Vertreter des Jugendamtes und verschiedener Jugendhilfeträger teilnehmen, stellt Overdyck-Geschäftsführer Stefan Wutzke bei Pizza, Knabbereien und Kaltgetränken Ideen und Pläne zur weiteren Vernetzung vor. Diese sehen zum einen die Gründung eines eingetragenen Vereins vor, die voraussichtlich im November erfolgt. Dieser soll unter anderem den Austausch zwischen Careleavern in Bochum durch gesellige Aktionen fördern und Beratung von Betroffenen durch Betroffene ermöglichen.

„Wir sind viele, wir können uns gegenseitig helfen“, sagt Sabrina Fenger. Die 43-Jährige bezeichnet sich selbst als „Gesicht der Careleaver“ in Bochum. Als Jugendliche wurde sie von Overdyck betreut – mit einigen ehemaligen Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern sowie Betreuerinnen und Betreuern hat sie immer noch Kontakt. Die Idee der Vereinsgründung hat sie mit vorangetrieben, um junge Menschen zu unterstützen, die heute in einer ähnlichen Situation sind wie sie damals. „Wir brauchen einen offiziellen Rahmen“, findet sie. Menschen mit unterschiedlichsten Erfahrungen werden vertreten sein und diese gerne an Personen mit ähnlichen Schicksalen weitergeben. Alireza Sarwari etwa kam mit 14 Jahren als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling aus Afghanistan nach Deutschland. Heute arbeitet er als Elektroniker für Betriebstechnik. „Ich möchte zeigen, dass man sich in Deutschland etwas aufbauen kann“, betont er.

Zum anderen hat Overdyck gemeinsam mit der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe (EvH) den Zuschlag für ein Transferprojekt erhalten, das im August 2024 gestartet ist. „CareLeaver 2.0“ soll über einen Zeitraum von 18 Monaten untersuchen, wie sich mithilfe eines Mentorenmodells mit ehemaligen Careleavern sowie eines kommunalen Netzwerks eine vernetzte Infrastruktur mit professionellen und spezialisierten Angeboten aufbauen lässt. Die EvH wird dazu ein Kurrikulum entwickeln, Overdyck übernimmt die praktische Umsetzung.

Das Projekt wird vonseiten Overdycks mit einer halben Stelle durch Miriam Schmidt betreut, die dabei mit Fillip David von der EvH zusammenarbeitet. Es wird von Prof. Dr. Dirk Nüsken von der EvH Bochum verantwortet und im Rahmen eines DATIpilot-Innovationssprints gefördert. Das DATIpilot ist ein neues Förderprogramm der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gegründeten Deutschen Agentur für Transfer und Innovation (DATI). Durch die Förderung sollen Transfer und Forschung in Deutschland gestärkt und gefördert werden.

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